Solaranlagen boomen wie nie zuvor. Immer mehr Hausbesitzer träumen von Energieunabhängigkeit und einer nachhaltigen Stromversorgung. Doch für viele endet dieser Traum in einem finanziellen Albtraum. Fragwürdige Firmen verlangen hohe Vorauszahlungen, lassen Projekte unvollendet oder verschwinden komplett von der Bildfläche. Wir zeigen auf, worauf Verbraucher achten müssen und berichten über die tragischen Schicksale der Betroffenen.
Ein Albtraum für Familie Kopp: Ein halbes Dach und Schulden
Seit fünf Jahren hat Christian Kopp mit seiner Familie kein festes Dach über dem Kopf – nur eine Plane schützt sie vor Wind und Wetter. Der Auslöser: eine Solaranlage, die nie fertiggestellt wurde.
Der Anfang: 2018 beauftragte die Familie die Firma Ein-Stein-Kompetenzzentrum GmbH mit dem Rundum-Sorglos-Paket: Rückbau des alten Dachs, Installation von speziellen Solarziegeln und eines Stromspeichers. Kostenpunkt: rund 165.000 Euro. Doch das vermeintliche Komplettpaket wurde zum finanziellen Fiasko:
- Das Dach wurde abgedeckt, das Material bezahlt, aber die Arbeiten blieben unvollendet.
- Die Solarziegel wurden nur geliefert, weil die Familie direkt den Hersteller kontaktierte.
Heute sind Dachbalken durchnässt, Dämmung verschimmelt, und die Sanierung würde weitere Zehntausende kosten. „Wir haben keine Worte mehr“, sagt Christian Kopp.
Ein Musterfall: Vorauszahlungen und Stillstand
Die Familie Kopp ist nicht allein: Auch Dennis R. aus Stuttgart fiel auf die Firma herein. Für eine Solaranlage zahlte er 155.000 Euro im Voraus, doch nach der Dachabdeckung blieb die Baustelle monatelang still. „Es kamen nur noch Ausreden“, berichtet er. Schließlich kontaktierte er selbst die Zulieferer und erfuhr: Die Ein-Stein GmbH hatte die Ware nie bezahlt.
Der Betrugsverdacht: Statt Projekte zu vollenden, liefen Vorauszahlungen ins Leere. Insolvenzexperten wie Prof. Volker Römermann sprechen von einem möglichen Schneeballsystem: Geld von neuen Kunden wird genutzt, um alte Forderungen zu begleichen – ein System, das unweigerlich zusammenbricht.
Der Solaranlagen-Boom: Schattenseiten der Branche
Laut dem Bauherrenschutzbund hat der enorme Anstieg von Solaranlagen auch unseriöse Unternehmen auf den Plan gerufen. 2023 wurden doppelt so viele Anlagen installiert wie im Vorjahr – eine hohe Nachfrage, die von unqualifizierten oder betrügerischen Firmen ausgenutzt wird.
Der Experte erklärt:
- Viele neue Firmen verfügen nicht über ausreichende Erfahrung.
- Häufig werden hohe Vorauszahlungen gefordert, bevor die Arbeit begonnen wird.
- Unfertige Baustellen, mangelhafte Arbeiten und Insolvenzen sind die Folgen.
Tipps: Darauf müsst ihr bei Solaranlagen achten
Um nicht auf unseriöse Anbieter hereinzufallen, sollten Verbraucher folgende Punkte beachten:
- Keine hohen Vorauszahlungen leisten: Seriöse Anbieter verlangen nur geringe Anzahlungen (z.B. 10–20 Prozent).
- Referenzen prüfen: Fragt nach abgeschlossenen Projekten und sprecht mit anderen Kunden.
- Vertrag genau prüfen: Klärt Zahlungspläne, Fertigstellungstermine und Haftungsfragen im Vertrag ab.
- Zahlungen an Lieferanten prüfen: Lasst euch Nachweise zeigen, dass Material tatsächlich bestellt und bezahlt wurde.
- Bonität der Firma prüfen: Ein Blick ins Handelsregister oder auf Bewertungsportale kann helfen.
Die juristische Lage: Insolvenz und Betrugsverdacht
Die Ein-Stein-Kompetenzzentrum GmbH meldete 2023 Insolvenz an, doch viele Fragen bleiben offen:
- Was ist mit den hohen Vorauszahlungen der Kunden passiert?
- Warum meldete die Geschäftsführung die Zahlungsunfähigkeit nicht früher?
Ein Insolvenzbericht zeigte, dass bereits 2021 eine Liquiditätslücke von 800.000 Euro bestand. Juristen wie Prof. Römermann sehen Hinweise auf ein betrügerisches System. Viele Betroffene werden ihr Geld wohl nie wiedersehen.
Weitere Fälle: Die Firma Envoltec und dubiose Geschäftsmodelle
Auch die Envoltec GmbH aus Leipzig sorgte für Schlagzeilen:
- Hohe Abschlagszahlungen für Solaranlagen wurden kassiert.
- Viele Kunden bekamen nur einen Teil der vereinbarten Leistungen.
- Das Unternehmen meldete Ende 2023 Insolvenz an.
Insgesamt gibt es laut Rechtsanwälten hunderte Geschädigte. Der Verdacht: Gelder könnten ins Ausland abgeflossen sein. Eine Spur führt bis in die Vereinigten Arabischen Emirate, wo ein Investor in die Firma eingestiegen war.
Ein Appell an die Verbraucher
Der Boom der Solaranlagen bietet viele Vorteile für Hausbesitzer – aber auch Risiken. Um nicht Opfer von unseriösen Anbietern zu werden, ist Vorsicht geboten.
Für die Familie Kopp bleibt nur noch Hoffnung: Sie versuchen per Crowdfunding genug Geld zu sammeln, um ihr Dach endlich sanieren zu lassen. Ein Projekt, das einst ein Traum war, endete als Albtraum – ein warnendes Beispiel für uns alle.
Fazit
Solaranlagen sind eine wichtige Säule der Energiewende, doch der Markt ist anfällig für Betrug und mangelhafte Arbeit. Informiert euch gründlich, zahlt nicht im Voraus und wählt seriöse Firmen – damit der Traum von der eigenen Solarenergie nicht zum Albtraum wird.